Was bedeutet der neue Koalitionsvertrag für die Immobilienwirtschaft?

1. Mietpreise & Mieterschutz

  • Mietpreisbremse wird bis 2029 verlängert. IVD: Die Mietpreisbremse wurde bereits 2015 eingeführt. In Berlin, München und Hamburg gilt sie seither ohne Unterbrechung. Sie hat den Wohnungsmarkt nicht entspannt. Der IVD hat sich immer für ihre Abschaffung eingesetzt. Immerhin wurden die Ausnahmen von der Mietpreisbremse im Koalitionsvertrag nicht adressiert, so dass insbesondere weiterhin die Neubauausnahme 2014 greift.
  • Indexmieten sollen stärker reguliert werden. IVD: Hier war eine Orientierung am Nettokaltmietenindex des Statistischen Bundesamtes Gegenstand der bisherigen politischen Diskussion.
  • Regelungen zu möblierten Wohnungen und Kurzzeitvermietung werden verschärft. IVD: Eine Ausweisung eines Möblierungszuschlages war bisher nicht nötig. Das wird sich voraussichtlich ändern, möglicherweise wird auch die Berechnungsgrundlage normiert. Kurzzeitvermietungen werden voraussichtlich auf sechs Monate begrenzt.
  • Präzisierung von § 5 WiStG (Mietpreisüberhöhung). IVD: Hier steht wahrscheinlich die Streichung des Vorsatzes bezüglich der Ausnutzung der Zwangslage des Mieters zur Disposition. Das soll von einer Expertenkommission bis Ende 2026 vorbereitet werden. Zudem soll die Kommission einen Bußgeldtatbestand bei der Mietpreisbremse schaffen. Der IVD lehnt beides ab, vor allem die Kombination aus beidem ist deutlich überzogen.
  • Modernisierungsmieterhöhung wird angepasst, kleinere Maßnahmen bis 20.000 € (bisher 10.000 Euro) werden erleichtert. IVD: Es steht zu befürchten, dass am Umlagesatz und der Kappungsgrenze nachgeschärft wird. Ein Wechsel der bisherigen Systematik ist nicht absehbar.
  • Einführung einer „WG-Garantie“ für Auszubildende und Studenten durch Investitionen in Bau und Belegungsrechteankauf. Zudem soll es Beratungsleistungen für diese Zielgruppe geben, um ihre Rechte als Mieter zu wahren. IVD: Grundsätzlich ist dies nicht zu beanstanden. Hier kommt es auf die Ausgestaltung an.
  • Bessere Datengrundlage durch bundesweite „Mietenberichterstattung“. IVD: Es ist unklar, was hiermit gemeint ist. Es ist wahrscheinlich keine Mietdatenbank i.S.d. § 558e BGB, mit der man eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete begründen kann oder die Ausgangsmiete im Regime der Mietpreisbremse bestimmen kann.
  • Keine Verschärfung bei Bestandsmieten (Kappungsgrenze bleibt unverändert) und keine Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage, wonach die Bundesländer einen Mietendeckel einführen können. Das wurde während der Verhandlungen diskutiert. Hier konnte sich die SPD nicht durchsetzen. IVD: Der IVD hat sich stetes gegen diese Vorhaben ausgesprochen, weil Änderungen/Verschärfungen im Mietrecht unmittelbar Ausfluss auf die Investitionsbereitschaft haben.

2. Bauen & Baurecht

  • In den ersten 100 Tagen sollen Maßnahmen zum beschleunigten Bauen umgesetzt werden. Dazu gehören der Bauturbo (wie von der Ampel-Koalition diskutiert) und Erleichterungen bei Lärmfestsetzungen. IVD: Diese Maßnahmen sind zu befürworten. Hier kommt es darauf an, dass auch die Kommunen davon Gebrauch machen werden. Das hat der Bund nicht in der Hand. Abweichungen von Lärmfestsetzungen sind willkommen.
  • Umfassende Reform folgt später: u. a. einfachere Standards, Förderung seriellen/modularen Bauens, Gebäudetyp E. Hier soll eine gesetzliche Verknüpfung mit den technischen Baubestimmungen der Länder vorgenommen werden. Zudem soll das Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik künftig keinen Mangel mehr darstellen. IVD: Der Gebäudetyp E bietet Chancen. Der vereinbarte Ansatz ist vielversprechend. Zugleich muss sichergestellt sein, dass eine Abweichung auch nicht zu einem Mangel im Sinne des Mietrechts führt. Der letzte Gesetzentwurf in der letzten Legislaturperiode war zu kompliziert. In diesem Zusammenhang ist auch zu befürworten, dass es eine unabhängige Stelle zur Kostenfolgeprüfung von DIN-Normen geben soll. Bisher kamen wirtschaftliche Aspekte insoweit zu kurz.

3. Rechte der Kommunen und Länder

  • Kommunen erhalten mehr Einfluss auf Bodenpolitik, beispielsweise beim Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten und bei Schrottimmobilien. Der preislimitierte Vorkauf für solche Immobilien soll vereinfacht und die Umgehung von kommunalen Vorkaufsrechten bei Share Deals verhindert werden. IVD: Der IVD hat sich bisher massiv gegen diese Pläne ausgesprochen, die schon in der Vergangenheit diskutiert wurden. Es ist nicht verständlich, weshalb eine Kommune in Milieuschutzgebieten privilegiert werden soll. Sie ist genauso an das soziale Wohnraummietrecht gebunden, wie der Private. Auch die Milieuschutzregeln gelten gleichermaßen. Vehement abgelehnt wird die Vereinfachung eines preislimitierenden Vorkaufs. Hier ist zwar noch unklar, wie das genau zu verstehen ist. Es könnte auf einen Wegfall des Rücktrittsrechts des Verkäufers hinauslaufen. Das steht dem Verkäufer zu, wenn die Kommune zum häufig niedrigeren Verkehrswert kaufen will. Das wäre ein massiver Eingriff in die Vertragsfreiheit.
  • In Milieuschutzgebieten soll das Modernisieren (Energie/Barriere) erleichtert werden. Selbstnutzende Eigentümer sollen von den Regelungen des Milieuschutzes ausgenommen werden. IVD: Das ist ein sehr positiver Ansatz. Bisher haben die Bauämter kaum Modernisierungen zugelassen, auch um Mieterhöhungen zu verhindern.
    Das Umwandlungsverbot für Miet- in Eigentumswohnungen soll bis 2030 verlängert werden. IVD: Mit der Verlängerung der Umwandlungsbeschränkung wird der Sinn und Zweck des Wohnungseigentumsgesetzes weiter konterkariert. Das ist für die Eigentumsbildung schädlich. Die Sorge vor Verdrängung, also durch Kündigung wegen Eigenbedarf, ist unbegründet.

4. Klimaschutz & Energie (GEG, EPBD, ETS)

  • Ziel bleibt: Klimaneutralität bis 2045 – ambitionierter als die EU (2050). Die umfassende Sanierung des Gebäudebestandes auf Klimaneutralität muss schneller stattfinden als in anderen EU-Ländern. IVD: Aufgrund des dafür nötigen hohen Investitionsaufwandes und der heutigen niedrigen Sanierungsraten erscheint das Ziel aus Sicht des IVD unrealistisch.
  • Das aktuelle Heizungsgesetz (GEG) soll abgeschafft und durch ein neues, flexibleres und technologieoffenes GEG ersetzt werden. Es ist noch nicht klar, was dies im Detail bedeutet. IVD: Eine Vereinfachung des GEG und die Reduzierung von übermäßig detaillierten und bürokratischen Regelungen des GEG entsprechen Forderungen des IVD. Die Überarbeitung des GEG sollte aus Sicht des IVD zusammen mit der Umsetzung der europäischen Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) erfolgen. Dabei sollte möglichst Planungssicherheit bis zur Erreichung des Klimaziels 2045 gewährleistet werden.
  • Das neue GEG soll sich an der vermeidbaren CO2-Menge orientieren – konkrete Umsetzung noch unklar. IVD: Die Steuerung der Sanierung des Gebäudebestandes über die CO2-Emissionen entspricht einer Forderung des IVD. Dabei sollten Gebäudeeigentümern möglichst große Gestaltungsräume eingeräumt werden, um für jedes Gebäude die optimale Kombination aus der Erhöhung der Gebäudeeffizienz, der Nutzung erneuerbarer Energien beim Heizen und der Eigenerzeugung erneuerbarer Energien zu wählen.
  • Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung soll vereinfacht werden, Quartiersansätze werden gestärkt. Durch gebäudeübergreifende Ansätze kann das Ziel des klimaneutralen Gebäudebestandes günstiger und schneller erreicht werden. IVD: Die Erfüllung von Vorgaben auf Quartiersebene statt auf der Ebene des Einzelgebäudes entspricht einer Forderung des IVD.
  • Die Umsetzung der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) bis 2026 bleibt offen – es sollen aber „Spielräume bei der Umsetzung ausgeschöpft werden“. Außerdem will sich die Koalition für „eine Verlängerung der Umsetzungsfristen“ einsetzen. Der methodische Ansatz, mit dem die EU-Vorgaben zur Sanierung des Wohngebäudebestandes umgesetzt werden sollen, bleibt offen. IVD: Die EPBD-Umsetzung sollte zusammen mit der GEG-Reform fristgemäß bis Mai 2026 erfolgen, um dringend notwendige Planungssicherheit zu schaffen. Ein „gold plating“ der EU-Vorgaben ist dabei unbedingt zu vermeiden. Bei der Umsetzung sollte für jedes Gebäude die optimale Kombination aus der Erhöhung der Gebäudeeffizienz, der Nutzung erneuerbarer Energien beim Heizen und der Eigenerzeugung erneuerbarer Energien ermöglicht werden.
  • Nationale Gebäudeeffizienzklassen sollen EU-weit stärker vereinheitlicht werden – die Definition der Gebäudeeffizienzklassen soll stärker an die der Nachbarländer angelehnt werden. IVD: Die praktischen Auswirkungen dieser Regelung sind gering, da es keine konkreten EU-Regelungen gibt, die sich direkt an der Gebäudeeffizienzklasse orientieren.
  • Bei der Einführung des neuen europäischen Emissionshandels (ETS 2) ab 2027 will die neue Bundesregierung einen fließenden Übergang zum bisherigen BEHG gewährleisten. So sollen Preissprünge ausgeschlossen werden. IVD: Dies schafft mehr Planungssicherheit für Eigentümer und Mieter. In welcher Höhe sich der neue CO2-Preis letztlich einpendeln wird, ist allerdings schwer vorherzusagen
  • Die Fernwärme soll stärker reguliert werden. Dazu sollen AVB-Fernwärme-Verordnung und die Wärmelieferverordnung zügig überarbeitet und modernisiert werden. Außerdem will die neue Bundesregierung die Preisaufsicht für die Fernwärme verstärken. IVD: Eine stärkere Regulierung der Fern- und Nahwärme fordert auch der IVD. Dadurch sollen Verbraucher vor übermäßigen Preissteigerungen geschützt werden. Die Novellierung der Wärmelieferverordnung ist aus Sicht des IVD notwendig, um bestehende hohe mietrechtliche Hürden für den geplanten Ausbau der Wärmenetze zu senken.

5. Steuerliche & finanzielle Förderung

  • Neue KfW-Struktur mit nur zwei Programmen: Die neue Bundesregierung beabsichtigt, alle KfW-Programme auf nur noch zwei zu reduzieren: eines für Neubau, eines für Modernisierung. Die Förderung des Heizungstauschs soll fortgesetzt werden, unklar bleibt jedoch, in welcher Höhe. IVD: Dieser Ansatz zur Vereinfachung der Förderung wird grundsätzlich befürwortet. Hier kommt es auf die konkrete Ausgestaltung an. Eine erhebliche Förderung für Gebäudesanierung und Heizungstausch bleibt notwendig, um die Klimaziele erreichen zu können.
  • Die Kosten der energetischen Sanierung von geerbten Immobilien sollen steuerlich absetzbar sein. Dies entlastet Erben, da bei ererbten Immobilien Vorgaben zur Sanierung durch die Erben umgesetzt werden müssen, die für die Erblasser vorher über Jahre ausgesetzt waren. IVD: Der IVD begrüßt diese Regelung, die eine übermäßige Belastung durch die Sanierung geerbter Immobilien reduziert.
  • EH55 soll im Neubau zeitlich befristet wieder förderfähig sein, um den Bauüberhang abzubauen. IVD: Dieser Ansatz ist fair, weil 2022 die EH55-Förderung sehr kurzfristig gestrichen wurde. EH55 ist bereits ein hoher Neubaustandard. Der dringend notwendige Bau neuer Wohnungen wird durch die geplante Förderung erleichtert. Besser wäre eine Verstetigung der EH55-Förderung für weitere Bauvorhaben.
  • Neuer Wohnungsbaufonds zur Förderung privater Investitionen. IVD: Das ist gut. Hier kommt es auf den Umfang und die Ausgestaltung an. Private Akteure dürfen nicht benachteiligt werden. Maßgeblich ist das Konzept.
  • Genossenschaftliches Wohnen soll stärker gefördert werden. Die Wohngemeinnützigkeit soll mit Investitionszuschüssen ergänzt werden. IVD: Grundsätzlich werden diese Maßnahmen befürwortet, solange es nicht dazu führt, dass diese Akteure bevorzugt werden, etwa bei der Vergabe von Mitteln und Grundstücken. Hier ist das Konzept und nicht die Rechtsform entscheidend.
  • Keine Erwähnung im Koalitionsvertrag finden die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer. Hier hatte die Union eine Erhöhung in Aussicht gestellt, was aus Sicht des IVD auch dringend erforderlich gewesen wäre, da diese seit 2008 unverändert sind. Bedauerlich ist auch, dass keine Änderungen bei der Grunderwerbsteuer geplant sind. Hier wäre zumindest eine Länderöffnungsklausel gut gewesen. Positiv zu bewerten ist, dass es keine Änderungen bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen (§ 23 EStG) und der Vermögensteuer geben soll.

Gesamtfazit

Der Koalitionsvertrag setzt mit Erleichterungen im Baurecht und neuen Förderimpulsen positive Akzente für den Wohnungsbau. Doch diese werden durch ein restriktiveres Mietrecht relativiert – denn der Bauherr von heute ist der Vermieter von morgen. Eingriffe in Vertragsfreiheit, Verlängerung der Mietpreisbremse inklusive Bußgeldbewährung, Einschränkungen bei der Modernisierungsmieterhöhung, Unsicherheiten bei Indexmieten oder möbliertem Wohnen bremsen die Investitionsbereitschaft und schwächen die positiven Impulse. 

Besonders bei den Themen Klimaschutz und Energie besteht dringender Handlungsbedarf: Planungssicherheit und technologische Offenheit müssen schnellstmöglich hergestellt werden, um Investitionen in Gebäudeeffizienz und nachhaltige Heizsysteme rechtssicher und wirtschaftlich tragfähig zu gestalten. Ohne klare gesetzliche Grundlagen droht der Wandel zu scheitern – nicht an der Bereitschaft der Branche, sondern an der fehlenden Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen. 

Im Steuerrecht ändert sich grundsätzlich nichts. Das ist unterm Strich positiv zu bewerten, die diskutierten Änderungen hätten größeren Schaden und Einfluss auf die Investitionsbereitschaft genommen.  

Ansprechpartner

Bundesverband

Geschäftsführer, Syndikusrechtsanwalt

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