Wie der „Purpose“ die Berufswahl beeinflusst und motiviert

Im Dialog mit Thomas Flohr, Managing Partner der Leaderslead Advisory GmbH & Co. KG

Immobilienunternehmer haben es in der Hand, motivierte Mitarbeiter zu gewinnen und dadurch den geschäftlichen Erfolg zu steigern. Welchen positiven Einfluss die Sinnhaftigkeit eines Berufes, der sogenannte Purpose, auf die Berufswahl und die Motivation hat, schildert im AIZ-Interview Thomas Flohr, der seit über 32 Jahren mittelständische Maklerunternehmen und Immobilienverwaltungen berät. Er beschreibt auch den erfolgreichen Umgang mit anderen wichtigen personellen Herausforderungen: Wie können Mitarbeiter gezielt gefördert werden und wie gelingt die Regelung der Nachfolge an der Unternehmensspitze?

Was reizt Sie als erfahrener Unternehmensberater an der Immobilienbranche?

Die Vielfalt der Branche ist einfach großartig! Wir haben Makler und Verwalter als Kunden. Ebenso wie private, kirchliche und kommunale Wohnungsunternehmen. Außerdem betreuen wir Investoren wie Fondgesellschaften und Versicherungen. So breit wie dieses Spektrum sind die Themenstellungen, die wir bearbeiten.

Gibt es besondere Themen bei ihren mittelständischen Kunden?

Die kleineren und mittleren Immobilienunternehmen sind nicht so arbeitsteilig organisiert wie die Großen. Bei der Personalrekrutierung achten wir darauf, Personen zu gewinnen, die neben der fachlichen Spezialisierung auch Allrounder-Talente mitbringen. Zur Potenzialerkennung verfügen wir über ein wissenschaftlich gestütztes, eignungsdiagnostisches Analyse-Instrumentarium aus einer langjährigen Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Eignungsdiagnostik an der Ruhr-Universität in Bochum. Ein weiteres großes Thema ist der Generationswechsel, der vielfach ansteht.

Wie können Sie dabei bei der erfolgreichen Organisation der Unternehmensnachfolge unterstützen? Welche Entscheidungsprozesse sind notwendig?

Hier begleiten wir die Unternehmerfamilien intensiv. Die ältere übergebende Interview von Stephen Paul Generation hat oft den Eindruck, die eigenen Kinder seien nicht fähig. Dann wird der Wunsch an uns herangetragen, extern nach einem neuen Geschäftsführer zu suchen, der das Unternehmen weiterführt. Manchmal können wir den Anstoß zu familieninternen Diskussionen geben, an deren Ende das Ergebnis steht, dass die nächste Generation entgegen der ersten Meinung doch wichtige Aufgaben übernehmen kann. Es ist ganz menschlich, die eigenen Kinder zunächst an strengeren Maßstäben zu messen.

Wie gehen Sie bei ihrer Beratung konkret vor?

Zunächst gilt es, die Potenziale, die im Unternehmen selbst stecken, zu identifizieren. Sind die eigenen Kinder oder ein langjähriger Mitarbeiter geeignet, das Unternehmen fortzuführen? Zunächst intern nach einer Lösung zu schauen, rate ich in jedem Fall als Erstes. Dann ist es für uns ganz wichtig, die Bedürfnisse des jetzigen Unternehmers zu verstehen. Wie soll der Generationswechsel genau gestaltet werden? Will der abgebende Unternehmer noch eine Zeit lang für das Unternehmen tätig bleiben oder soll gar verkauft werden? Bestehen realistische Vorstellungen vom Unternehmenswert? Wohin soll sich das Unternehmen entwickeln?

Die Klärung dieser Rahmenbedingungen ist extrem wichtig. Oft fahren wir dann im weiteren Vorgehen auch mehrgleisig: Personalentwicklungsmaßnahmen für die Kinder oder langjährige Führungskräfte im Unternehmen und die externe Suche nach potenziellen Geschäftsführungen schließen sich ja nicht aus.

Ist das Ergebnis stets absehbar?

Wir erleben immer wieder, dass sich im Zuge eines Personalberatungsprozesses neue Dynamiken ergeben. Kürzlich gelang es nicht, für ein Unternehmen den gewünschten neuen Geschäftsführer am Markt zu finden. Dann haben wir vorgeschlagen, Persönlichkeiten der zweiten Führungsebene in die Geschäftsführung zu entwickeln. Das hat dann bestens funktioniert. Aus der externen Personalsuche wurde eine Teamentwicklung.

Welche Tipps haben Sie für kleine und mittelständische Immobilienunternehmen, um Leistungskultur im Team zu etablieren?

Ich empfehle jedem Immobilienunternehmer, sich das eigene Personal kritisch anzuschauen. Sind das die Menschen, mit denen sie die Zukunft ihres Betriebs gestalten wollen und können? In den meisten Fällen wird ein Unternehmer diese Frage bejahen können. Um die Mitarbeiter zu motivieren, sollten ihnen aktiv Weiterbildungen angeboten werden. Bestehen Entwicklungspotenziale fachlicher Natur, kann der Besuch von auf die Immobilienwirtschaft ausgerichteten Aus- und Weiterbildungsinstituten unterstützen. Eine Karriereplanung schließt Angebote zur Persönlichkeitsentwicklung ein. Eine Planung sollte sich auf einen Horizont von drei bis fünf Jahren ausrichten. Auch die Integration eines Coaches, der die Potenzialträger auf ihrem Weg begleitet, kann sinnvoll sein.

Außerdem stellt sich die Frage, wie die Arbeitsumgebung sein muss: Habe ich im Unternehmen moderne Büroräume, in denen man sich gerne länger aufhält? Zu klären ist auch, welche Freiräume jeder Einzelne benötigt. Persönliches Wachstum von Mitarbeitern entsteht nämlich wesentlich durch Freiheit in der Aufgabenwahrnehmung. Ein gutes Unternehmen achtet die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter und erzeugt dadurch mehr Freude an der Leistung.

Mobiles Arbeiten und Homeoffice sind für viele Unternehmer aber Reizwörter.

Das erlebe ich auch, aber eine örtlich und zeitlich flexiblere Arbeitsweise ist heute absoluter Standard. Mitarbeiter sind dadurch motivierter, weil sie ihre Arbeitsweise selbstbestimmt steuern können, und erzielen in der Regel bessere Ergebnisse. Ich rate dazu, drei Arbeitstage im Unternehmen und zwei außerhalb zu planen. So halten wir es auch bei uns im eigenen Haus. Bei sehr konservativen Strukturen ist es dann vielleicht nur ein Tag außerhalb des Büros — das ist aber das Minimum und wird erwartet, sonst haben sie als Unternehmen einen Wettbewerbsnachteil. Die Flexibilität der Arbeit ist heute unabdingbar. Dieses Bedürfnis hängt eng mit dem Wunsch nach einer sinnvollen Arbeit zusammen.

Ist dieser Wunsch bei der jüngeren Generation stärker?

Auf jeden Fall, den Berufseinsteigern kommt es heute nicht mehr auf den letzten Euro an. Sie stellen sich — viel mehr als jede Generation zuvor — die Frage, ob es sinnvoll ist, was sie tun. Ich hatte gerade mit einem Immobilienmakler ein Gespräch darüber. Er selbst war in jungen Jahren mit Freunden in die Immobilienwirtschaft eingestiegen, um „ein Vermögen zu machen“. Wir waren uns einig, mit diesem Argument inspiriert man heute keinen jungen Menschen mehr.

Wie könnte man denn den Berufseinsteigern die Sinnhaftigkeit, neudeutsch den „Purpose“ der immobilienwirtschaftlichen Jobs nahebringen?

Erklären Sie als Immobilienunternehmer Ihren jungen Mitarbeitern, dass Sie lebenswerte Wohnwelten vermitteln. Machen Sie deutlich, für welche Werte Ihr mittelständisches Unternehmen eintritt. Auch gelebtes gesellschaftliches Engagement des Teams in der Region kann Mitarbeiter mitreißen.

Wir haben viel über die Förderung und Motivation von Mitarbeitern gesprochen. Was muss in Ihren Augen ein Unternehmer für sich selbst tun?

Eine ganze Menge! Es ist für einen Unternehmer besonders wichtig, auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Wohin entwickeln sich die Märkte? Was wird von Kunden gewünscht? Daran muss das eigene Leistungsspektrum immer wieder neu ausgerichtet werden. Ich empfehle, die einschlägigen immobilienwirtschaftlichen Kongresse wie den Deutschen Immobilientag zu besuchen, um sich fachlich weiterzubilden, andere Entscheider zu treffen und im persönlichen Austausch mit Kollegen zu bleiben. Verbände wie der IVD und die immobilienwirtschaftlichen Akademien und Hochschulen bieten ein umfangreiches Angebot an Dialogveranstaltungen und Weiterbildungen. Auch das Lesen von Fachmedien wie die Immobilien Zeitung oder die AIZ sind ein effizienter Weg, auf dem Laufenden zu bleiben.

Veröffentlicht im AIZ-Immobilienmagazin, AIZ 8 / 2024

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