Das nach dem Wohnungseigentumsgesetz an den Verwalter zu zahlende Wohngeld stellt keine Werbungskosten dar, soweit die Zahlungen der Erhaltungsrücklage zugeführt werden. Erst wenn die Gelder durch den Verwalter verausgabt werden, können sie als Werbungskosten abgezogen werden.
Zeitpunkt des Abzugs der Werbungskosten bei vermieteten Eigentumswohnungen
BFH, Urteil vom 14. Januar 2025 (IX R 19/24)
Streitig war, zu welchem Zeitpunkt das Wohngeld und die Beiträge zur Erhaltungsrücklage von dem Vermieter einer Eigentumswohnung als Werbungskosten abgezogen werden können. Bereits mit Urteil vom 26. Januar 1988 (IX R 119/83) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Zahlungen des Eigentümers erst dann als Werbungskosten abgezogen werden können, wenn der Verwalter sie tatsächlich für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums oder für andere Maßnahmen, die der Erzielung der Einnahmen dienen, verausgabt (Hinweis 21.2 EStH).
Fraglich war, ob diese Rechtsauffassung nach der Änderung des WEG zum 1. Dezember 2020 aufrechterhalten werden kann. Denn durch das Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes vom 16. Oktober 2020 (BGBl. 2020 I, S. 2178) wurde der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) in § 9a WEG die volle Rechtsfähigkeit verliehen. Dadurch verlassen Zahlungen des Wohnungseigentümers an die Gemeinschaft sein Vermögen bereits zu diesem Zeitpunkt endgültig.
Mit Urteil vom 14. Januar 2025 (IX R 19/24) hat der BFH entschieden, dass die bisherige Rechtsauffassung auch nach der Änderung des WEG weiterhin gilt und ein Abzug als Werbungskosten erst zu dem Zeitpunkt möglich ist, in dem die GdWE die Mittel für Erhaltungsmaßnahmen verausgabt.
Der Fall
Die Kläger erzielten Einkünfte aus der Vermietung von Eigentumswohnungen. Die im Streitjahr 2021 geleisteten Hausgeldzahlungen wurden in Höhe von 1.326 Euro für die Zuführung zur Erhaltungsrücklage verwendet. Das Finanzamt erkannte die Zahlungen in dieser Höhe nicht als Werbungskosten an, da sie erst dann abgeflossen seien, wenn sie für Erhaltungsmaßnahmen verausgabt würden. Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen.
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung Folgendes ausgeführt:
Zum Zeitpunkt der Zahlung des der Rücklage zuzuführenden Betrags besteht noch kein ausreichender Zusammenhang mit den Einnahmen aus der Vermietung. Denn in diesem Zeitpunkt ist noch nicht absehbar, in welcher Höhe welche Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchgeführt werden. Auslösendes Moment für die Zahlung ist vielmehr die rechtliche Pflicht des einzelnen Wohnungseigentümers, entsprechend seinem Anteil am Gemeinschaftseigentum Vorsorge für künftige Kostenlasten zu tragen und daher an der Ansammlung und Aufrechterhaltung einer angemessenen Erhaltungsrücklage mitzuwirken (§ 16 Abs. 2 Satz 1, § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG). Der maßgebliche Veranlassungszusammenhang mit den Mieteinnahmen entsteht erst, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) die angesammelten Mittel für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum verausgabt. Denn erst zu diesem Zeitpunkt kommen die aufgewandten Mittel dem vermieteten Objekt zugute.
Hinzu kommt, dass der einzelne Wohnungseigentümer zwar zivilrechtlich keinen Zugriff mehr auf die der Erhaltungsrücklage zugeführten Zahlungen hat, er aber zumindest wirtschaftlich an der Rücklage beteiligt ist. Denn er hat einen Anspruch darauf, dass zukünftige Erhaltungsaufwendungen aus den Mitteln der Rücklage bezahlt werden.
Diese Auffassung führt zu folgerichtigen Ergebnissen, wenn der Eigentümer seine Wohnung nach der Zuführung zur Erhaltungsrücklage verkauft. Zwar bleibt ihm in diesem Fall der Abzug als Werbungskosten verwehrt, in der Regel wird er aber von dem Käufer einen Ausgleich durch einen höheren Kaufpreis erhalten. Der Käufer kann die Erhaltungsrücklage als Werbungskosten geltend machen, soweit sie später für Erhaltungsmaßnahmen aufgewendet wird.
Das Gleiche gilt, wenn der Eigentümer die Wohnung bei der Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen, die aus der Rücklage finanziert werden, nicht mehr vermietet. In diesem Fall können die Zahlungen, soweit sie der Rücklage zugeführt wurden, nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Im umgekehrten Fall, in dem die Wohnung erst nach der Zuführung der Zahlung zur Rücklage vermietet wird, können die daraus gezahlten Erhaltungsaufwendungen dagegen als Werbungskosten abgezogen werden.
Durch diese Rechtsauffassung werden auch Gestaltungen vermieden, bei denen Werbungskosten vorverlagert werden, indem von den Eigentümern überhöhte Zuführungen zur Erhaltungsrücklage beschlossen werden.
Anmerkung
Mit seinem Urteil vom 14. Januar 2025 (IX R 19/24) hat der BFH entschieden, dass es zur Bestimmung des Zeitpunkts, in dem die Werbungskosten abgezogen werden können, bei Vorauszahlungen nicht allein auf deren Abfluss ankommt, sondern darauf, ob ein ausreichender Veranlassungszusammenhang mit den Aufwendungen vorliegt. Damit hat sich der BFH völlig unabhängig von der zivilrechtlichen Lage gemacht.
Die Frage, zu welchem Zeitpunkt Zahlungen als Werbungskosten abgezogen werden können, richtet sich grundsätzlich nach der Vorschrift des § 11 Abs. 2 EStG. Danach ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Zahlung abgeflossen ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Zahlende die Verfügungsmacht über das Geld verliert. Da für diese Frage das Zivilrecht maßgeblich ist, lag es nahe, dass die Frage des Abflusses bei Wohngeldzahlungen aufgrund der WEG-Reform neu zu beurteilen ist. Denn aufgrund der Verselbstständigung der GdWE steht die Erhaltungsrücklage im Eigentum der Gemeinschaft, sodass der einzelne Eigentümer keine Verfügungsbefugnis mehr hat.
Dieser Betrachtung ist der BFH jedoch nicht gefolgt. Stattdessen hat er zur Bestimmung des Zeitpunkts der Abziehbarkeit der Werbungskosten auf die Definition des Begriffs der Werbungskosten und die Voraussetzungen für ihre Abziehbarkeit dem Grunde nach zurückgegriffen.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG liegen Werbungskosten vor, wenn die Kosten durch Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen veranlasst sind. Zu welchem Zeitpunkt sie abgezogen werden können, ist nach der Systematik des Gesetzes nicht in § 9 Abs. 1 EStG, sondern in § 11 Abs. 2 EStG geregelt. Diese Vorschrift wendet der BFH jedoch nicht an.
Den Abzug der Wohngeldzahlung im Jahr der Zuführung zur Erhaltungsrücklage verweigert er nicht deshalb, weil in diesem Jahr kein Abfluss im Sinne des § 11 Abs. 2 EStG vorliege, sondern weil es sich in diesem Jahr mangels eines Veranlassungszusammenhangs mit den zukünftigen Aufwendungen noch nicht um Werbungskosten handelt.
Bis zur Verausgabung des Geldes durch die GdWE ist die Zahlung des Wohngelds nach Ansicht des BFH nicht durch die Erhaltungsmaßnahmen veranlasst, sondern durch die Pflicht zur Zahlung an die GdWE gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1, § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG.
Dies ist ein völlig neuer dogmatischer Ansatz zur Beurteilung von Vorauszahlungen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Bisher hat die Finanzverwaltung die Abzugsfähigkeit von Vorauszahlungen ausschließlich nach § 11 Abs. 2 EStG beurteilt und gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs abgelehnt.
So werden beispielsweise Zinsen, die ohne wirtschaftlich vernünftigen Grund für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten vorausgezahlt werden, nur anteilig in den Jahren als Werbungskosten abgezogen, zu denen sie wirtschaftlich gehören (vgl. BMF vom 20. Oktober 2003, BStBl. 2003 I S. 546 Tz. 13).
Um missbräuchlichen Gestaltungen beim Erwerb eines Erbbaurechts entgegenzutreten, wurde im Jahr 2004 die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG eingeführt, nach der Ausgaben, die im Voraus für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren geleistet werden, auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen sind, für den die Vorauszahlung geleistet wird.
In eine ähnliche Richtung weist auch das Urteil des FG Düsseldorf vom 18. Juli 2024 (14 K 1966/23 E), nach dem Aufwendungen für Handwerkerleistungen nicht gemäß § 35a EStG abzugsfähig sind, soweit Zahlungen im Veranlagungszeitraum vor Ausführung der Leistung und ohne entsprechende Anzahlungsrechnung geleistet werden.
Der BFH weist in seiner Entscheidung vom 14. Januar 2025 zwar ausdrücklich darauf hin, dass die Entscheidung geeignet ist, missbräuchliche Gestaltungen zu verhindern. Die Vermeidung von Missbräuchen zieht er jedoch nicht zur Begründung seiner Entscheidung heran.
Praxistipp
Aufgrund der neuen Entscheidung des BFH könnte die Finanzverwaltung Vorauszahlungen und Anzahlungen die Anerkennung als Werbungskosten mit der Begründung versagen, die Zahlung sei nicht durch die Arbeiten veranlasst, sondern durch den Entschluss, dafür eine Vorauszahlung zu leisten. Um dies zu vermeiden, sollte daher über die Leistung von Anzahlungen und Vorauszahlungen eine Vereinbarung mit dem Unternehmen geschlossen werden, nach der man zur Leistung der Vorauszahlung verpflichtet ist.
Ansprechpartner
Bundesverband
Rechtsberater Referat Steuern
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